Steigerung der Versorgungssicherheit: DNV beziffert Potenzial für grünen Wasserstoff auf 300 TWh pro Jahr
Kassel/Brüssel/Oslo – Angesichts des erwarteten erheblichen Anstiegs des Wasserstoffbedarfs in Europa führt an der Offshore-Produktion kein Weg vorbei. Wasserstoff als kohlenstoffarmer Energieträger soll nicht nur für die Dekarbonisierung von Sektoren mit schwer vermeidbaren Emissionen eine wichtige Rolle spielen, sondern auch, um die Energieversorgungssicherheit Europas zu erhöhen. Die Studie „Specification of a European Offshore Hydrogen Backbone“ (zu Deutsch etwa: „Beschreibung eines europäischen Offshore-Wasserstoff-Backbone“) mit der DNV von den Infrastrukturbetreibern GASCADE und Fluxys beauftragt wurde, hebt die erheblichen Vorteile eines Offshore-Wasserstoff-Backbones in Nord- und Ostsee hervor.
Das Energieerzeugungspotenzial von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee ist immens und liegt vielleicht sogar jenseits der Kapazitätsgrenzen des Netzes. Laut der DNV-Studie ist per Pipeline angeschlossene Offshore-Wasserstoffproduktion günstiger als die Onshore-Produktion. Dank Pipelineanbindung und hohen Lastkapazitäten gehören Nord- und Ostsee zu den günstigsten Quellen von grünem Wasserstoff in Europa.
„Die EU rechnet bis 2050 mit einem Bedarf für klimaneutralen Wasserstoff von 2.000 Terawattstunden (TWh), und DNV sieht das Potenzial, bis 2050 pro Jahr 300 TWh Wasserstoff mit von Offshore-Windparks in der Nordsee gewonnenen Strom zu produzieren. Das wäre ein erheblicher Beitrag zur Reduzierung der Abhängigkeit von Energieimporten. Angesichts der Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit ist der positive Aspekt hinsichtlich der Versorgungssicherheit kaum hoch genug einzuschätzen“, sagt Ulrich Benterbusch, Geschäftsführer von GASCADE.
Wegen der im Vergleich zur Stromübertragung niedrigeren Kosten des Wasserstofftransports und der Möglichkeit, dass große Pipelines Offshore-Wasserstoff von mehreren Windparks transportieren, stuft der Bericht die Offshore-Wasserstoffproduktion als attraktive Option für Offshore-Windenergieerzeugung ein, insbesondere wenn diese mehr als 100 Kilometer vom Festland entfernt sind.
Mit Blick auf die Transportinfrastruktur kommt die Studie zu zwei standortabhängigen Schlussfolgerungen:
- In der Nordsee besteht viel Produktionspotenzial weiter als 100 Kilometer vom Festland entfernt. Um den produzierten Wasserstoff anzulanden, könnte ein Pipelinenetz – ein europäischer Backbone – die Produktionsstätten sinnvoll an das bestehende Pipelinenetz auf dem Festland anbinden.
- Ein anderes Bild zeichnet sich in der Ostsee, wo derzeit weniger Produktionsgebiete 100 Kilometer von der Küste entfernt sind. Sollten sich jedoch Schweden und Finnland entscheiden, Wasserstoff im großen Stil zu produzieren und ihn zu den Bedarfszentren in Mitteleuropa zu transportieren, ist eine Pipeline dort wahrscheinlich auch sinnvoll.
Die räumliche Aufteilung der möglichen Produktionsstandorte für Offshore-Wasserstoff zeigt, dass sie in Hoheitsgewässern unterschiedlicher Länder liegen. „Das legt nahe, dass eine länderübergreifende Abstimmung erforderlich wäre, um das gesamte Potenzial für Wasserstoffproduktion zu erschließen“, sagt Christoph von dem Bussche, Geschäftsführer bei GASCADE. Gleichermaßen bedeutsam wird es sein, länderübergreifend auf Ausgewogenheit hinsichtlich der Strom- und Wasserstoffproduktion zu achten.
Zur weiteren Optimierung der Wasserstoff-Lieferkette schlägt die Studie die Speicherung von bis zu 30 Prozent des produzierten Wasserstoffs in Salzkavernen vor, um die Flexibilität des Systems zu erhöhen. Um die politische Diskussion zu unterstützen, bietet die Studie darüber hinaus eine erste Kostenschätzung: In der Nordsee werden die Kosten für Pipelines und Verdichter im Offshore-Wasserstoff-Backbone schätzungsweise 10 Prozent der Gesamtkosten des offshore produzierten Wasserstoffs ausmachen. Ersten Berechnungen zufolge können in der Nordsee nach einer Investition in die Wasserstoff-Transportinfrastruktur in Höhe von 35 bis 52 Milliarden Euro (4.200 Kilometer Pipeline und Untertagespeicher) Wasserstoff-Systemkosten in Höhe von 4,69 bis 4,97 Euro pro Kilogramm erzielt werden.
Projekt AquaDuctus als Teil des angedachten Offshore-Backbones
Die Studie bestärkt GASCADE und Fluxys in ihrer Überzeugung, dass es sich beim Projekt AquaDuctus um eine zentrale Komponente für die grüne Transformation und für die Erreichung der Dekarbonisierungsziele des Green Deals der EU sowie des Pakets Repower EU handelt.
Das groß angelegte Offshore-Pipeline-Projekt, mit dem in Nordsee-Windparks produzierter Wasserstoff effizient zum deutschen Wasserstoffnetz auf dem Festland transportiert werden soll, ist in der Tat als Backbone ausgelegt, der Wasserstoff von mehreren Produktionsstätten transportieren und auch als potenzielle Anbindung zu anderen internationalen Wasserstoff-Routen durch die Nordsee fungieren kann.
Pascal De Buck, CEO von Fluxys: „Die Offshore-Pipeline AquaDuctus, die allen künftigen Betreibern von Wasserstoff-Windparks frei zugänglich sein soll, wird durch die Diversifizierung von Europas Wasserstoffbezugsquellen einen erheblichen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten.“
Über GASCADE
Die GASCADE Gastransport GmbH betreibt unabhängig ein deutschlandweites Gasfernleitungsnetz. Die Netzgesellschaft mit Sitz in Kassel bietet ihren Kunden über ein eigenes, rund 3.200 Kilometer langes Hochdruck-Pipelinenetz moderne und wettbewerbsfähige Transportdienstleistungen für Wasserstoff und andere Gase im Herzen Europas an. GASCADE verfolgt das Ziel, das Fernleitungsnetz auf den Transport von Wasserstoff umzustellen und ist daher in mehreren konkreten On- und Offshore-Wasserstoffprojekten aktiv.
Über Fluxys
Fluxys mit Hauptsitz in Belgien ist eine unabhängige Infrastrukturgruppe mit 1.300 Mitarbeitern, die in den Bereichen Gastransport und -speicherung sowie Flüssiggas-Terminierung tätig ist. Über seine verbundenen Unternehmen in der ganzen Welt betreibt Fluxys 12.000 Kilometer Pipelines und Flüssigerdgas-Terminals mit einer jährlichen Regasifizierungskapazität von insgesamt 380 TWh. Zu den Tochtergesellschaften von Fluxys gehört die an der Euronext notierte Fluxys Belgium, Eigentümerin und Betreiberin der Infrastruktur für Gastransport und -speicherung sowie Flüssigerdgas-Terminals in Belgien.
Als zweckorientiertes Unternehmen trägt Fluxys gemeinsam mit seinen Stakeholdern zu einer besseren Gesellschaft bei, indem es eine positive Energiezukunft gestaltet. Aufbauend auf den einzigartigen Vorzügen seiner Infrastruktur und seinem kommerziellen und technischen Know-how engagiert sich Fluxys für den Transport von Wasserstoff, Biomethan oder anderen kohlenstoffneutralen Energieträgern sowie von CO2 und ermöglicht die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von letzterem.
Über DNV
DNV ist der unabhängige Experte im Bereich Assurance und Risikomanagement und in mehr als 100 Ländern aktiv. Mit seiner umfassenden Erfahrung und seinem fundierten Fachwissen fördert DNV Sicherheit und nachhaltige Performance, setzt branchenweit Maßstäbe und inspiriert und erfindet Lösungen.
Ob es darum geht, ein neues Schiffsdesign zu bewerten, die Leistung eines Windparks zu optimieren, Sensordaten einer Gaspipeline zu analysieren oder die Lieferkette eines Lebensmittelunternehmens zu zertifizieren, DNV ermöglicht seinen Kunden und deren Stakeholdern, kritische Entscheidungen mit Zuversicht zu treffen.
Angetrieben von seinem Ziel, Leben, Eigentum und die Umwelt zu schützen, trägt DNV dazu bei, die Herausforderungen und globalen Veränderungen zu bewältigen, mit denen sich seine Kunden und die Welt heute konfrontiert sehen, und ist für viele der erfolgreichsten und zukunftsorientiertesten Unternehmen der Welt ein vertrauenswürdiger Begleiter.
In der Energieindustrie
DNV bietet durch seine Beratungs-, Überwachungs-, Verifizierungs- und Zertifizierungsdienstleistungen Sicherheit in der gesamten Energie-Wertschöpfungskette. Als weltweit führender Anbieter unabhängiger Energieexperten und technischer Berater unterstützt das Unternehmen Industrie und Regierungen bei der Bewältigung der zahlreichen komplexen, miteinander verknüpften Veränderungen, die sich global und regional in der Energiewirtschaft vollziehen. DNV setzt sich für die Verwirklichung der Ziele des Pariser Abkommens ein und unterstützt seine Kunden beim schnelleren Übergang zu einem stark dekarbonisierten Energiesystem.
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